Epilepsie ist eine schwere neurologische Erkrankung, von der weltweit über 70 Millionen Menschen betroffen sind (1). Es ist eine Erkrankung des Gehirns, die wiederkehrende, nicht provozierte Anfälle verursacht (2). Antiepileptika (ASM) sind die erste Behandlungsoption für fast alle Patient*innen mit multiplen Anfällen. Die anfängliche Monotherapie ist wirksam, damit etwa 60 % der Epilepsiepatient*innen anfallsfrei werden. Die verbleibenden Patient*innen gelten als therapieresistent und sind damit Kandidat*innen für eine Polytherapie (3).
Trotz der großen Anzahl von ASMs, die für die Behandlung von Epilepsie zur Verfügung stehen, haben fast 30 % der Patient*innen eine unzureichende Anfallskontrolle. Dies rechtfertigt die Entwicklung antiepileptischer Behandlungen der dritten Generation, die sowohl wirksam als auch gut verträglich sind, da die unerwünschten Wirkungen von ASM einen erheblichen negativen Einfluss auf die Lebensqualität der Patient*innen haben und so die Therapietreue und die Langzeitretentionsraten verringern können. Die Verfügbarkeit von ASM mit günstigen Nebenwirkungsprofilen und die Vereinfachung des Therapieschems mit einmal täglicher Arzneigabe könnten für die Erhöhung der Einhaltung relevant sein, was seinerseits die Behandlungsergebnisse für die Patient*innen verbessern könnte (4).
Eslicarbazepinacetat (ESL) ist ein einmal täglich einzunehmendes ASM, das im April 2009 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) (Zebinix™) für die Begleittherapie bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern über 6 Jahren mit fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung sowie im Juni 2017 als Monotherapie zur Behandlung fokaler Anfälle mit oder ohne sekundärer Generalisierung bei Erwachsenen mit neu diagnostizierter Epilepsie (5) zugelassen wurde. Die FDA hat Aptiom® im November 2013 als Zusatzmedikation zur Behandlung fokaler Anfälle bei Erwachsenen zugelassen. Eine neue Indikation für die Monotherapie wurde im August 2015 zugelassen. Schließlich erhielt Aptiom im September 2017 die FDA-Zulassung für die Indikation bei Kindern und Jugendlichen ab 4 Jahren (6).
ESL ist ein potenter kompetitiver Blocker spannungsgesteuerter Natriumkanäle (VGSC), der mit der Domäne II des inaktivierten Zustands des Kanals interagiert. ESL gehört zur dritten Generation der Dibenzazepin-Familie von ASMs, die einige wichtige Unterschiede zu anderen Wirkstoffen der Dibenzazepin-Familie (Carbamazepin und Oxcarbazepin) aufweisen. Im Gegensatz zu Carbamazepin zeigt ESL keine Umwandlung zu Carbamazepin-10,11-epoxid, was zu einem günstigeren Nebenwirkungsprofil führt (4).
Studien zeigen durchweg, dass ESL bei der Kontrolle fokaler Anfälle im Allgemeinen wirksam ist und auch in Langzeitstudien wirksam bleibt. Zur Zusatzbehandlung wurden drei randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-III-Studien mit insgesamt 1053 Patient*innen mit Therapieresistenz aus 125 verschiedenen Zentren entwickelt. Die Ansprechraten lagen bei 800 mg/Tag bei etwa 35–40 % und die Anfallshäufigkeit war bei Dosen von 800 mg/Tag und 1200 mg/Tag signifikant niedriger. Die Nebenwirkungen waren alle leicht oder mäßig, die häufigsten waren Schwindel, Kopfschmerzen und Diplopie. ESL behält seine Wirksamkeit im Laufe der Zeit bei, wie Erweiterungs- und retrospektive Studien zeigten (7).
In einer Phase-III-Studie wurde außerdem gezeigt, dass die ESL-Monotherapie der Gabe von Carbamazepin mit kontrollierter Freisetzung nicht unterlegen ist. Diese Studie begleitete 815 neu diagnostizierten Patient*innen, die randomisiert entweder einmal täglich ESL oder zweimal täglich Carbamazepin mit kontrollierter Freisetzung erhielten. Der Anteil der Patient*innen, die mindestens 6 Monate lang anfallsfrei waren, betrug 71,1 % in der ESL-Gruppe und 75,6 % in der Carbamazepin-Gruppe. Darüber hinaus erlitten 64,7 % der Patient*innen unter ESL das ganze Jahr über keine Anfälle, verglichen mit 70,3 % unter Carbamazepin. Die Studie kam zu dem Schluss, dass ESL einmal täglich der Gabe von zwei Mal täglich Carbamazepin bei Patient*innen mit kürzlich diagnostizierter Epilepsie nicht unterlegen ist (7).
Oral verabreichtes Eslicarbazepinacetat wurde im Allgemeinen gut vertragen, wenn es als Zusatztherapie oder Monotherapie bei erwachsenen Patient*innen und als Zusatztherapie bei minderjährigen Patient*innen verabreicht wurde, wobei die Nebenwirkungen meist leicht oder mäßig waren (8).
Die einmal tägliche Gabe bedeutet eine Vereinfachung des Therapieschemas für Patient*innen und damit eine Verbesserung der Lebensqualität (4).
- Mula. The comorbidities of epilepsy explained. EXPERT REVIEW OF NEUROTHERAPEUTICS 2020, VOL. 20, NO. 12, 1207–1209 https://doi.org/10.1080/14737175.2020.1840979
- www.epilepsy.com. Accessed Nov 2022
- St. Louis. Truly “Rational” Polytherapy: Maximizing Efficacy and Minimizing Drug Interactions, Drug Load, and Adverse Effects. Current Neuropharmacology, 2009, 7, 96-105
- Rocamora. A review of the efficacy and safety of eslicarbazepine acetate in the management of partial-onset seizures. Ther Adv Neurol Disord 2015, Vol. 8(4) 178–186 DOI: 10.1177/ 175628561558971
- https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/zebinix. Accessed Nov 2022
- https://www.drugs.com/history/aptiom.html. Accessed Nov 2022
- Galiana. Eslicarbazepine Acetate: A New Improvement on a Classic Drug Family for the Treatment of Partial-Onset Seizures. Drugs R D (2017) 17:329–339
- Heo. Eslicarbazepine Acetate: A Review in Focal-Onset Seizures. CNS Drugs 2020 Sep;34(9):989-1000. doi: 10.1007/s40263-020-00751-3